Teatrul "Andrei Muresanu" (c) Irina Wolf
Teatrul "Andrei Muresanu" (c) Irina Wolf

SEPSI Theatre Showcase 2024: erstklassiges ungarisch-rumänisches Potpourri

(18. April 2024)

 

In unmittelbarer Nähe der Reiterstatue des heiligen Georg, den Drachen tötend, die den Hauptplatz von Sfântu Gheorghe ziert, befindet sich das ungarischsprachige Theater „Tamási Áron“ (TASZ). Nur fünf Minuten davon entfernt, erreicht man das rumänischsprachige Theater „Andrei Mureşanu“ (TAM). Die politischen Gräben zwischen den Völkergruppen sind in der Theaterpraxis in dieser heterogenen Landschaft längst überwunden. Sfântu Gheorghe (deutsch Sankt Georgen, ungarisch Sepsiszentgyörgy) ist die Hauptstadt des Kreises Covasna im Osten des Siebenbürger Beckens, im zentralen Teil Rumäniens. Namensgeber der ältesten Stadt des Szeklerlandes ist der Schutzpatron Sankt Georg von der ortsansässigen Kirche. Bis 1918 gehörten die Stadt und die Region Siebenbürgen zu Ungarn, ehe sie dem Staatsgebiet Rumäniens zugesprochen wurden. Dementsprechend machen ethnische Ungarn 70 % der Bevölkerung aus.

In Sfântu Gheorghe war ich zu Gast bei der ersten Ausgabe des „SEPSI Theatre Showcase“, das vom 14. bis 27. März die bemerkenswertesten Produktionen aus dem Repertoire beider städtischen Theater in den Vordergrund stellte. Die abwechselnde Programmgestaltung an einem Abend im rumänischen und am nächsten im ungarischen Theater ermöglichte es auch den Schauspielern, die Produktionen ihrer Kollegen zu sehen. Gezeigt wurden 14 Produktionen, in zwei Sprachen übertitelt, von denen ich mir 6 angeschaut habe.

Sakura Sandwich passt perfekt in unsere Zeit. In Doru Vătavuluis Text pendelt die Hauptfigur zwischen der virtuellen und der realen Welt. Mit viel Gefühl und Humor beschreibt der Autor typische Kennzeichen der digitalen Medien und stellt denen ein klassisches Dorfleben entgegen. Irisz Kovacs' Inszenierung betont den Unterschied der zwei Welten vor allem durch das erfindungsreiche Bühnenbild: eine Luftburg umgeben von Erde und Holzabfällen. Musik und Choreografie, farbenfrohe Kostüme und ein harmonisch abgestimmtes Ensemble veranschaulichen eindeutig, dass in beiden Welten niemand so ist, wie er scheint. Spricht Sakura Sandwich weitgehend Teenager an, ist Möbel und Schmerz vor allem vielsagend für die Generation, die den Kommunismus erlebt hat. Teodor Mazilus Stück aus dem Jahr 1974 persifliert aus politischer, wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Sicht die damalige Gesellschaft. Das minimalistische Zimmer, in Beigetönen gehalten, sowie die stylishe Schlaghosen und der Sound erinnern an die 70er. Es ist erstaunlich, wie aktuell der Text 50 Jahre später immer noch ist! Machtspiele, Korruption, Frauenemanzipation – alles scheint in Cristian Bans anschaulicher Inszenierung unverändert zu sein. Ganz anders Anatomie eines Suizids. Darin bittet die Dramatikerin Alice Birch drei Frauen auf die Bühne: Mutter Clara, Tochter Anna und Enkelin Bonnie. Die Mutter leidet unter einer schweren Depression, ihre Tochter kompensiert ihr Unglück mit Drogen, beide nehmen sich das Leben. Die Enkelin versucht diesen Teufelskreis zu durchbrechen. Gerade durch diese Formen- und Themenvielfalt präsentiert sich TAM als bahnbrechendes Theater in der nationalen Kulturszene.

Teatrul "Tamási Áron" (c) Irina Wolf
Teatrul "Tamási Áron" (c) Irina Wolf

TASZ stand in nichts nach und vervollständigte das hervorragende Programm des Showcases. Ungarische Theatergruppen sind bekannt für ihre Tradition, musikalische Stücke einzigartig auf die Bühne zu bringen. So konnte Chicago nur ein Hit werden. Mit einem gewissen Zynismus zeichnet das legendäre Broadway-Trio Musical von 1975 um John Kander, Fred Ebb und Bob Foss ein treffendes Bild der heuchlerischen Welt beliebter Stars und konfrontiert uns auch mit den alltäglichen Erfahrungen von Korruption und Manipulation. Regisseur Puskás Zoltán gelingt eine packende Aufführung. Als außergewöhnlich erwies sich die Tanzvorstellung romeo@julia.com. Es ist die dritte Zusammenarbeit des ungarisch-französischen Choreografen Pál Frenák mit dem M-Studio, einer Sektion von TASZ, die 2005 als „experimentelle Bewegungstheaterwerkstatt“ ins Leben gerufen wurde. Basierend auf Shakespeares bekanntem Text konzentriert sich Frenáks Adaption auf die innere Tragödie der beiden Protagonisten und nicht auf die sozialen Konflikte. Der kurzweilige Abend besticht durch klug ausgewählte Musik und eine mitreißende Choreografie. Der Mensch wird zu einer Marionette, die seiner Umwelt, seiner Gemeinschaft, seinem Partner und letztlich sich selbst entfremdet ist. Letztendlich bot TASZ mit Iwan Wyrypajews Iran-Konferenz einen Abend, der intellektuell anregte. Bocsárdi Lászlós sparsame Inszenierung lässt dem Text in der 130-minütigen Aufführung viel Raum. Die philosophischen Debatten über Freiheit, Wissen und die genaue Definition des menschlichen Wesens fanden den Weg zum Publikum nicht zuletzt dank den brillanten Auftritten sämtlicher Schauspielerinnen und Schauspieler.

Sfântu Gheorghe (c) Irina Wolf
Sfântu Gheorghe (c) Irina Wolf

Über das Showcase und das rumänischsprachige TAM habe ich ausführlich mit Intendantin Anna Maria Popa gesprochen. Popa wurde in Sfântu Gheorghe geboren und ist dort aufgewachsen. Sie absolvierte die Schauspielabteilung der Theater- und Filmuniversität in Bukarest. Seit ihrer Ernennung 2015 zur Intendantin ist TAM zu einem wichtigen Meilenstein in der lokalen und nationalen Kulturszene geworden. 2017 führte Popa das Kulturtourismus-Projekt ein, das interessierten Zuschauern aus anderen rumänischen Städten ein verlockendes Paket, bestehend aus Unterkunft, Verpflegung, Eintritt zu zwei Aufführungen sowie zu Museen und Kunstgalerien in Sfântu Gheorghe oder eine Verkostung traditioneller Produkte, bietet. Das Projekt kam so gut an, dass sich in den letzten Monaten zwei weitere Theater der Initiative anschlossen. Auch während der Pandemie hat TAM für Neuheiten gesorgt und ein VR-Theatererlebnis geschaffen, das heute erfolgreich weitergeführt wird.

 

Irina WOLF: TAM ist das einzige rumänischsprachige Theater in der vorwiegend von Ungarn besiedelten Region. Welchen Platz nimmt es in Sfântu Gheorghe ein?

Anna Maria POPA: Im Szeklerland („Háromszék“ oder „Trei Scaune“ – zu deutsch „Drei Stühle“, wie wir die Region nennen), gibt es zwei überwiegend ungarische Kreise: Covasna und Harghita. TAM ist das einzige rumänischsprachige Theater in beiden Kreisen, was uns sehr verantwortlich macht. „Drei Stühle“ umfasst die drei großen Städte Covasna, Târgu Secuiesc (Szekler Neumarkt) und Sfântu Gheorghe. Das Szeklerland besteht aus dem Kreis Covasna und einem kleinen Teil des Kreises Harghita.

In der Stadt Sfântu Gheorghe gibt es neben dem TAM noch andere Theater, darunter das TASZ, in dem auch die Timburak-Theatergruppe – ein Puppen- und Marionettentheater – und das M-Studio – das älteste Bewegungstheater Rumäniens – vertreten sind. Seit mehr als einem Jahrzehnt übt M-Studio eine einzigartige Tätigkeit sowohl auf regionaler als auch auf nationaler Ebene aus. Es gibt also praktisch zwei Theater: ein rumänischsprachiges und ein ungarischsprachiges. Seit 1986 verfügt TAM über einen eigenständigen Rechtsstatus. In zwei Jahren werden wir also 40 Jahre Unabhängigkeit feiern.

 

IW: Unabhängigkeit... ?

AMP: Das heißt, dass wir bis 1986 noch eine Sektion des ungarischsprachigen Theaters waren.

 

IW: TAM wird aber ebenfalls vom Staat finanziert, oder?

AMP: Ja, vom Gemeinderat der Stadt Sfântu Gheorghe. Sowohl wir als auch TASZ sind dem Stadtrat untergeordnet. Räumlich unabhängig sind wir erst seit 2015, als ich mein erstes Mandat antrat. Bis dahin teilte sich TAM den Saal mit TASZ. Seit 2015 haben wir einen eigenen Saal mit einer Kapazität von 100 Plätzen in einem eigenen Gebäude.

Möbel und Schmerz (c) Volker Vornehm
Möbel und Schmerz (c) Volker Vornehm

IW: Das Repertoire umfasst verschiedene Produktionen, gezeichnet von Regisseuren der jüngeren Generation und deckt abwechslungsreiche Themen ab. Außerdem war ich überrascht, ein vorwiegend junges Publikum im Theater zu sehen. Wie entsteht das Repertoire? Und wie viel Prozent der Stadtbevölkerung stellen die Jugendlichen dar?

AMP: Der Prozentsatz ist ziemlich groß. Hier einige demografische Informationen: Unser Publikum ist hauptsächlich zwischen 16 und 25 Jahre alt. Wir haben also ein atypisches, junges Publikum. Wir haben auch Produktionen für Kinder. Dies ist auch der Grund, warum wir einen neuen Saal benötigen. Ich produziere alle zwei Jahre ein Kindertheater, was für die bestehende Nachfrage völlig unzureichend ist.

 

IW: Geht es da um Kinder unter 10 Jahren?

AMP: Ich würde „unter 14“ sagen, weil dies eine sehr vernachlässigte Alterskategorie ist, einschließlich der 12- bis 16-Jährigen. Im Repertoire haben wir Produktionen für Teenager und Jugendliche. Diese Kategorie ist so weit wie möglich abgedeckt. Unter 12 Jahren jedoch nur etwa ein Mal alle zwei Jahre. Das ist zu wenig.

Betreffend der ethnischen Zugehörigkeit machen die Ungarn mehr als die Hälfte der Zuschauer aus. Bei 25 % ethnischen Rumänen in Sfântu Gheorghe wäre es viel zu wenig, wenn wir uns strikt auf die rumänische Bevölkerung beschränken würden. In einer ersten Phase spielten wir aus Respekt vor den ethnischen Ungarn automatisch mit ungarischer Übertitelung, wie wir es auch im Showcase getan haben. Auf Wunsch der Lehrerinnen, die mit jungen Ungarn in organisierten Gruppen kamen, haben wir die Übertitelung entfernt. Unsere Aufführungen gefielen ihnen sehr gut, und da diese die einzige Möglichkeit eines Zugriffs auf die rumänische Sprache boten, baten sie uns, die Übertitelung zu entfernen, damit die ungarischsprachigen Jugendlichen Rumänisch hören und verstehen können. Das haben wir dann auch gemacht. Es war nicht aus Respektlosigkeit. Die Übersetzung ist für alle Produktionen vorhanden. Wenn sie gebraucht wird, setzen wir sie ein; für Festivals sowieso. Bei Letzteren gibt es Übertitelung auch auf Englisch, aber für unser lokales Publikum lassen wir diese bewusst aus, um jungen Ungarn dabei zu helfen, Rumänisch schneller und mit Freude zu lernen.

Was die Abonnements betrifft, werden mehr als die Hälfte davon in Braşov (deutsch Kronstadt – Anm. d. Ü.) verkauft. Wir haben also viele Zuschauer, die von dort kommen. Meine Repertoire-Strategie ist gut durchdacht und wird nach Alters- und Themengruppen, nach der Abdeckung vom Massenpublikum bis zu bestimmten Nischen angewendet. Wenn ich zum Beispiel eine oder zwei Produktionen aus einer eher unterhaltsamen Kategorie herausgebracht habe (wie Möbel und Schmerz) – das bedeutet nicht, dass ich einen Abstrich bei der Qualität mache – achte ich immer darauf, dass ich anschließend einen sozialen Bereich und ein bestimmtes Nischenthema angehe. Dann kehre ich wieder zu einem lockereren Bereich zurück, damit das Publikum insbesondere aus emotionaler Sicht alles gut verkraften kann. Durch das vom Schriftsteller Radu Macrinici schon in den 90er-Jahren ins Leben gerufene „Atelier“-Festival hatte das hiesige Publikum Kontakt zu internationalen Trends. Daher sind die lokalen Zuschauer sehr gebildet. Auch durch Regisseur Bocsárdi László, der seit Jahren das „Reflex“-Festival veranstaltet, kommen weltweit bekannte Namen nach Sfântu Gheorghe. All das führte zu einem Publikum, das genau weiß, was es will, ständig informiert und gefragt werden möchte.

Anatomie eines Suizids (c) Irina Wolf
Anatomie eines Suizids (c) Irina Wolf

IW: Wie führen Sie die Befragung durch?

AMP: Sie wurde auch schriftlich mittels Formular erstellt. Auf allen Festivals haben wir Freiwillige, die dieses Feedback entgegennehmen, aber ich verlasse mich sehr auf persönliches Feedback. Ich bin vor jeder Aufführung am Theatereingang und es besteht eine äußerst enge Kommunikation zwischen mir und der örtlichen Gemeinschaft.

 

IW: Übrigens, ein Jahr später, nach dem Antritt ihres ersten Mandats, gründeten Sie das „DbutanT“-Festival.

AMP: Ja, weil Radu Macrinici nach Baia Mare zog und das „Atelier“-Festival mitnahm. Das war normal, es gehörte ihm. Und wir brauchten ein weiteres Festival, das unseren guten Ruf stärken und gleichzeitig eine Lücke schließen sollte. Gemeinsam mit Regisseur Cristian Ban kamen wir zu dem Schluss, dass die Bereiche Jugend und Debüt nicht abgedeckt waren. Im Schauspielbereich gibt es „Gala Hop“ (wird organisiert von UNITER, der Theatervereinigung aus Rumänien – Anm. d. Ü.), für die anderen Bereiche gab es aber nichts. Es gab kein Regiedebüt. Erst nach DbutanT erschien das Festival junger Regisseure in Craiova. In Koproduktion mit Oistat (International Organisation of Scenographers – Anm. d. Ü.) und in Zusammenarbeit mit dem Bühnenbildner Adrian Damian begann DbutanT auch das Bühnenbild-Camp von Constanţa. Mittlerweile findet das Camp jährlich statt. Das ist also eine weitere Richtung, die wir gestartet haben und die unabhängig von uns gut läuft. Wir sind aber noch immer die Einzigen, die ein Festival für Choreografie-Debüt bieten. Das macht kein anderer.

Sakura Sandwich (c) Volker Vornehm
Sakura Sandwich (c) Volker Vornehm

IW: Seit 2020 haben Sie eine erfolgreiche Zusammenarbeit mit Constanţa.

AMP: Die Partnerschaft begann in einem Jahr, in dem wir keine Mittel vom AFCN (die Verwaltung des Nationalen Kulturfonds – Anm. d. Ü.) erhielten. Vom AFCN haben wir immer die größte Unterstützung seit der ersten „DbutanT“-Ausgabe 2016 erhalten. Lediglich das Repertoire-Programm wird von der Stadt finanziert. Für alle meine anderen Projekte wie das Festival brauche ich andere Quellen. Und das Jahr, in dem die Pandemie ausbrach, verloren wir die AFCN-Finanzierung. Wir hätten das Festival stoppen müssen, weil wir keine anderen finanziellen Mittel hatten. Aber dann kam uns Erwin Şimşensohn zu Hilfe (Regisseur und Intendant des Staatstheaters Constanţa – Anm. d. Ü.). Er wollte ein Jugendfestival starten, aber wir beschlossen gemeinsam, das Geld zu verwenden, um mit DbutanT als Co-Produzenten weiterzumachen. Ich vergesse nie einen verlässlichen und treuen Partner. Deshalb laufen die Partnerschaften langfristig. Nachdem wir diesen Weg gemeinsam beschritten hatten, haben wir jede Ausgabe von DbutanT mitproduziert.

 

IW: Es gibt aber auch weitere neuere Partnerschaften von TAM, zum Beispiel mit dem „Godot“-Theater in Bukarest.

AMP: TAM hatte schon früher andere Partnerschaften. Meine Repertoire-Strategie sieht mindestens eine Koproduktion pro Jahr vor, mal national, mal international. Wir hatten auch internationale Koproduktionen, mit denen wir auf Tournee in Italien, Frankreich, Spanien waren. Und umgekehrt, die koproduzierenden Theater kamen nach Rumänien. In Italien war unser Co-Produzent für Hotel Miramare die Gruppe Catalyst. 2018 finanzierte das AFCN unsere Tournee von Sizilien nach Rom. Die italienischen Partner tourten durch zehn rumänische Städte. Ihre Finanzierung wurde durch die Vereinigung Mediterraner Theater gesichert. 2017 haben wir mit dem Théâtre Toursky in Marseille Le printemps est encore loin (deutsch „Der Frühling ist noch in weiter Ferne“ – Anm. d. Ü.) nach dem gleichen Rezept koproduziert: mit einer Tournee in Rumänien und Frankreich durch zehn Städte. Mit dem TAK-Theater aus Berlin gab es weitere Partnerschaften und Koproduktionen, mit denen wir in Deutschland auf Tournee gingen. In Österreich ist das TAM mit Hilfe des Rumänischen Kulturinstituts zu einigen Festivals gereist.

Sakura Sandwich (c) Volker Vornehm
Sakura Sandwich (c) Volker Vornehm

IW: Aus wie vielen Schauspielern besteht das Ensemble?

AMP: 14 Schauspieler und zwei Regisseure sind bei TAM beschäftigt. Insgesamt sind wir 42 Personen, einschließlich des gesamten Verwaltungsteams.

 

IW: Es ist mir aufgefallen, dass die Ensemble-Mitglieder sehr jung sind.

AMP: Die TAM-Gruppe ist jung, weil das „DbutanT“-Festival dazu seinen Beitrag geleistet hat. Der gewinnende Schauspieler bzw. die gewinnende Schauspielerin wird bei uns angestellt. In den anderen Bereichen funktioniert es ähnlich: Der Regie-Hauptpreis ist eine Inszenierung bei TAM in der nächsten Saison bzw. der Bühnenbild-Hauptpreis beinhaltet das Bühnendesign für eine neue Inszenierung. Das funktioniert auch in der Partnerschaft mit Constanţa. Zum Beispiel gewannen voriges Jahr zwei Regisseure den Regie-Preis. So inszenierte einer am TAM, der andere am Staatstheater in Constanţa. Das Gleiche gilt für die Bühnenbild-Sparte.

 

IW: Wie wählen Sie die anderen Regisseure aus, die am TAM inszenieren?

AMP: Wenn ich einem Regisseur die Ehre gebe, bei mir zu inszenieren, möchte ich zunächst einmal wissen, was ihn beschäftigt. Wir kommunizieren viel. Es ist ein „safe play“, das heißt, wer hier inszeniert, hat viel Freiheit und er soll wissen, dass er experimentieren darf. Gleichzeitig hat die Art und Weise, wie ich die Regisseure einplane, eine gewisse Logik, denn wenn ich stark auf ein Experiment mit Bobi Pricop eingehe (die Produktion Blasted nach Sarah Kane – Anm. d. Ü.), würde ich dann Alexandru Dabija einladen, um ein Varieté für jedermann zu inszenieren. So entsteht ein Gleichgewicht. Das beste Beispiel: Im September 2023 haben wir mit der DbutanT-Gewinnerin im Regie-Bereich, Iris Kovacs, die neue Saison eröffnet (Produktion: Sakura Sandwich). Damit war die Jugendkategorie abgedeckt. Unmittelbar danach hatte Teodor Mazilus Komödie Möbel und Schmerz Premiere (Regie: Cristian Ban). Damit war ein anderes Publikumssegment abgedeckt. Das funktionierte gut, denn es war um Weihnachten herum und alle waren glücklich. Anfang 2024 brachte ich Anatomie eines Suizids heraus (Regie: Diana Mititelu). Jeder Aufführung folgt ein Publikumsgespräch mit einer Psychologin. Und am Saison-Ende wird Regisseurin Oana Leahu das Musical Peter Pan als Gegenstück zur Depression bringen. Zu diesen vier Premieren kommen die zwei Koproduktionen dazu, die ich mit Bukarest mache: mit dem CNDB (das Nationale Tanzzentrum Bukarest – Anm. d. Ü.), wo eine Bewegungsproduktion in der Regie des DbutanT-Gewinners für Choreografie entsteht und mit dem von AFCN finanzierten Godot-Theater (ein Musical, das auf rumänischen Märchenfiguren basiert). Eine TAM-Saison besteht aus 12 Produktionen: vier Premieren und acht Produktionen, die aus dem Vorjahr wieder aufgenommen werden.